Ich sitze hier und höre die Frau neben mir im Gespräch sagen: "Steter Tropfen höhlt den Stein". Vor meinem geistigen Auge entsteht die Reise eines Tropfens. wie er vom Himmel fällt, Kilometer um Kilometer, wie er schließlich auf die Erde trifft und dort auf einen Stein. Ich sehe vor mir, wie er in tausend kleine Tröpfchen quasi zerspringt, wie ein vielfältiges Prisma brechen sie das Licht in alle seine Farben in alle Richtungen auf.
Und alle diese Tröpfchen suchen sich dann ihren Weg durch die Erde, ich sehe, wie sie wieder zusammenfinden, bis sie vereint durch einen unterirdischen Fluss wieder als ein tropfen unter Hunderten fließen. Und dieser Tropfen steigt von der Oberfläche eines Waldsees dann wieder in einem Hauch aus Morgennebel empor zu den Wolken. Dort reist er wieder hierher und fällt, fällt genau dort, wo er erstens fiel und trifft denselben Stein. Und wieder beginnt es und wieder und wieder.
Und ich denke: Während der Tropfen, zart, bunt und vielschichtig, irgendwann den Stein zerstört, kann der Stein in all seiner Härte und Macht dem Tropfen nichts anhaben. Und der Tropfen sieht viel mehr Schönes auf seiner Reise.
Wir Menschen sind Steine oder Tropfen. Und das die Tropfen irgendwann überlegen sind, das zu wissen, ist Hoffnung. Glück aber ist, zu wissen, dass man ein Tropfen ist.