So also, so geht es zuende, man singt, man weiss nicht einmal, was dort geschehe und doch ist es kein Singen, dass die Herzen erfasst, nein, die dunklen Töne sinds, die heute durch die Wälder schallen. Und die feinen Ohren der Rehe, sie sind es, die die Wahrheit hören aus dem Singen, sie alleine. Denn die Wahrheit ist gesungen, sie klingt, sie rollt mit den Tönen durch die Nacht und wo sie ein Ohr findet, ihrer würdig, da schallet sie laut!
Und nun ist es an der Zeit, die Schwermut sinkt herab, wer noch nicht Ruhe gefunden hat im Moose, zwischen den Wurzeln der Jahrtausendeichen, wer noch in Unrast wandelt durch die Felder von Klee, die das Dunkel der Zweige unterbrechen, ringsumschlossen von Hagebuttensträuchern, der mag sich nun dort legen, auf die Lichtung, zwischen die roten Blumen und die weissen, dort soll er sein und dort wird er bleiben. Und dann kommt es, weniger als erwartet.
Keine Donner brechen über die Welt herein, keine grellen Blitze entzünden das uralte Holz. Nicht stürmen die Naturgewalten zwischen den Stämmen, nicht fallen die Fluten aus den tiefgrauen Wolken. Es ist ein wenig kühler als gewohnt. Ein wenig dunkler auch, das Nachtblau ist ein wenig tiefer und die Stille, sie ist es, die als Botin reitet, vor dem Ende her. Und noch weiss man nicht: wie soll es sein, wie mag es kommen?
Und doch ist kein Zittern unter uns. Wir sitzen stille, die Lieder sind verklungen, die Instrumente schweigen, schweigen für immer. Und so sehen wir ein letztes Mal durch diese Wälder, unsere Wälder. Wie es uns bestimmt war, ist der Tag gekommen, da wir nicht länger die Herren sein werden. Gehen werden wir, gehen in eine andere Welt, bewährt sind wir vor unserem Herrn, und glücklich solln wir sein für alle Zeit. Und so warten wir es ab, so wie es unser eigen war seit jeher.
In die Stille bricht es fast herein, jedoch: es ist ein Summen, ein leises Summen, kein drohender Laut. Und durch die Lüfte tanzen die Farben, alle miteinander, sie streicheln die Äste der Bäume, sie singen um die Stämme, sie sitzen überall. Und das fröhliche Gewirr nimmt zu, bis ein Licht durch die Wälder flutet. Niemand vermag es, sich zu bewegen. Und alle schauen hinauf, in die bunten Lichterkreise, die ihre Bahnen ziehen um und um. Und Glück erfüllt die Welt, ein greifbares Glück und so beginnen wir zu schweben.
Wir mischen uns unter die Farben, wir sehen hinab auf unsere Körper, sie sind nicht länger notwendig, ein Schwung hinauf und wir tauchen in Farbe. Und dort ist das melodiöse Summen intensiver, es erfüllt die Bahnen, die wir nun entlang fliegen. Und es ist vollkommen. Alle sehen einander und sie sind nicht länger verschieden, wir sind alle eins. Und wür spüren einander, alle, alles, einfach alles. Und so treiben wir höher, höher hinauf, durch die feinen Zweige und weiter.
Und dann brechen wir aus den obersten Zweigen hinaus und über uns ist nurmehr bloßer Himmel. Sterne, die immer heller werden und alles wird klarer, die Farben zerfliessen hinaus in die Dunkelheit und mit ihnen wir, ein letzter Gedanke schießt durch mein Bewusstsein, bevor er sich zerläuft im allgemeinen Glück und alles erfasst wird von unserem Frieden, doch schon ist er fort und nicht mehr wichtig, nicht mehr wichtig, nicht mehr, nichts, alles....
Ich blinzele kurz und öffne dann meine Augen. Ich blicke um mich, über die kleine Lichtung hin zu den Hagebutten. Dann steige ich hinab von dem grossen Felsen, der dort mit anderen im Klee liegt. Und ich trete wieder zwischen die Bäume. Und als ich die mächtigsten von ihnen gefunden habe, mit Felsen zwischen den Wurzeln, Felsbrocken, die alle an den Grossen Wurzeln lehnen und zu lächeln scheinen, da muss auch ich lächeln. Ich gehe weiter, ich höre die Vögel zwitschern, und ich weiss, wo ich sein werde, wenn ich sie Wahrheit singen höre....